Prager Gotik: die Karlsbrücke
"Dauerflohmarkt und Fotokulisse, so der Dumont-Reiseführer. Dabei darf der Besucher nicht vergessen, dass diese fast 500 Meter lange und 12m breite Brücke im Jahre 1357 dem Verkehr übergeben wurde - eine technische Meisterleistung dieser Zeit, die ihresgleichen sucht.
Bis in die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts war die Brück für den Fahrzeugverkehr geöffnet. Hier ließ sich Adolf Hitler im offenen Mercedes mit Hakenkreuzfähnchen bewinken. Warscheinlich wollte er an die "1000-jährige" Geschichte des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation" anknüpfen. Der Bauherr der Brücke, Kaiser Karl IV, war als erster deutscher Kaiser auch zum König von Böhmen gewählt worden.
Zuletzt von Karl IV mit der Bauleitung beauftragt war der gotische Baumeister Peter Parler, der später auch den Neubau des Veitsdomes auf dem Burgberg leitete. Die Karlsbrücke trat an die Stelle der sogenannten "Judithbrücke", eine Holzbrücke, die von einem Hochwasser der Moldau weggerissen worden war.
Vielleicht lag es auch an der Solidität und an der Tauglichkeit eben der Karlsbrücke, dass Prag in der Zeit nach 1350 als Hauptstadt des Deutschen Reiches einen ungeahnten Aufschwung erlebte, der erst mit dem Aufstieg der Wiener Habsburger und dem 30jährigen Krieg ein Ende fand. Zu dieser Zeit, um 1450, also der Zeit der Renaissance, waren die Dächer und Zinnen Prags mit echtem Gold verziert. Und, so die Legende, die Bewohner von Prag und Bewohner waren aufgefordert, an der Errichtung der Brücke mitzuwirken - sie sollten, ja, Hühnereier nach Prag tragen, die dem Mörtel beigemischt wurden, um die Brückenbogen zu verstärken.
Nicht aus der Zeit der Gotik stammen die Heiligenfiguren aus Sandstein, die im 17. Jahrhundert, also zur Zeit des Barock, auf den Ballustraden platziert wurden und der Brücke nachts einen vielleicht etwas unheimlichen Charakter verleihen. Der bekannteste der Prager Heiligen, der Heilige Christoferus - erkennbar an den goldenen Sternen auf dem Brückengeländer hinter dem Figurensockel - soll von den Häschern des Königs in die eiskalte Moldau gestürzt worden sein, weil er auch unter der Folter das Beichtgeheimnis wahrte und die Ehefrau des Königs nicht verriet. Über den Fluten des Flusses seien Sterne erschienen.
Der Brückenturm der Ostseite trägt in der Höhe der ersten Etage Spuren im Stein: hier sollen schwedische Soldaten ihre Lanzen "geschliffen" haben, bevor sie zum Angriff ansetzten. Dies geschah im 30jährigen Krieg um 1620.
Auch der Turm auf der Altstadtseite im Westen hat nicht minder schaurige Berühmtheit: die Köpfe der enthaupteten Anführer des protestantischen Aufstands gegen die Habsburger wurden auf Lanzen aufgespießt und über dem Torbogen ausgestellt.zurück zur Übersicht